Mensch und Tier im Einklang

Was genau ist mit "Einklang" gemeint?

Als zeitlich zusammenfallend, übereinstimmend, im Einklang stehende Objekte wird in Wörterbüchern die Synchronisation definiert.

In der Forschung wird die Synchronisation zwischen Objekten in verschiedenen Szenarien untersucht. Im Fall der tiergestützten Therapie, befasst sich die Forschung mit der Synchronisation der Klient:innen mit den Tieren, die Teil der Therapieeinheit sind.

Was genau versteht man unter Synchronisation?

Um das Phänomen der Synchronisation auf einer physikalischen Ebene zu verstehen, bietet das folgende Experiment ein Beispiel:

 

Die Pendel der Metronome üben eine Kraft auf die sich bewegende Plattform aus. Schwingt ein Pendel nach Links, bewegt sich die Plattform nach rechts. Diese Bewegung findet aufgrund des Energie Erhaltungssatzes statt.

Bewegt sich nun die Plattform nach rechts werden wiederum die anderen Pendel der verbleibenden Metronome nach links gedrückt. Beschleunigt durch die Kraft der Plattform schwingen die verbleibenden Pendel etwas schneller und wirken von sich aus wieder auf die Plattform ein. Der Austausch der Kräfte von Pendel und Plattform führt innerhalb einer Minute dazu, dass sich die Pendelschläge synchronisieren, im Einklang miteinander pendeln.

 

Synchronisation zeigt sich aber auch bei lebendigen Organismen. Ob wir müde, hungrig oder aufmerksam sind, wird hauptsächlich durch hormonelle Prozesse im Körper gesteuert. Wichtige Hormone sind dabei z.B. Melatonin, Serotonin und Cortisol.

Synchronisationsprozesse lassen sich gut beobachten beispielsweise bei Fernreisen: Synchronisation des Tag-Nacht bzw. Hell-Dunkel Rhythmus. Nach nur wenigen Tagen passt sich der Organismus an den neu vorgegebenen Tag-Nacht-Rhythmus an. Diese enorme Anpassungsleistung wird hauptsächlich durch hormonelle Synchronisationsprozesse gesteuert.

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Innerartliche Synchronisation
 
Wie genau Fische und Vögel die beeindruckende Leistung der Synchronisation in Schwärmen vollbringen war lange Zeit nicht erklärt, da technischen Möglichkeiten der Datenerhebung begrenzt waren. 2020 haben Forscher des Max-Planck-Instituts in Allensbach erstmals mithilfe von Roboterfischen herausgefunden, wie genau diese komplexe Verhaltensweise möglich ist.
Die Forschenden stellten fest, dass die Fische ihre Schwanzschläge synchronisieren und dadurch sich sowohl energiesparender bewegen können als auch schneller beschleunigen können.

Vom Phänomen der Synchronität ist das Konzept der Synchronizität abzugrenzen. Letzteres beschreibt die Aufeinanderfolge von Ereignissen, die durch keine kausale Verbindung verknüpft sind, aber vom Beobachter als sinnhaft verbunden wahrgenommen werden.

Menschen tendieren dazu in allem einen Sinn sehen zu wollen. So kreieren sie im Nachhinein Zusammenhänge, welche im Vorhinein nicht vorhanden sind.

Wie genau ist Synchronisation zu messen?

In der Praxis pferdegestützter Interventionen sind Synchronisationsprozesse zwischen Mensch und Pferd, die miteinander agieren, vielfach zu beobachtet: Schrittabfolge, Atmung, Blickrichtung. Diese Synchronisationsmechanismen, das Gefühl, mit dem Tier in Einklang zu sein, oft rückgemeldet als „heilsamer“ und „berührender“ Kontakt, könnte als ein möglicher Wirkmechanismus Pferdegestützter Therapie angesehen werden.

Das Problem bei Beobachtungen als empirische Messgröße sind Verzerrungen in der Beobachtung. Bewusste Entscheidungen und keine Synchronisation, sowie die Erstellung von Zusammenhängen im Nachhinein und andere Einflüsse können dazu führen, dass die Beobachtung und somit die Messung verzerrt werden.

Für aussagekräftige Ergebnisse in der Erforschung zur Synchronisation zwischen Mensch und Tier in der tiergestützten Therapie, müssen Parameter festgelegt werden, die weitestgehend frei von Verzerrungen sind.

 

 

Mit der Herzrate wird die Frequenz bezeichnet, mit welcher das Herz schlägt und welche sich je nach körperlicher Belastung in der Geschwindigkeit verändern kann. Dass die einzelnen Schläge des Herzens nicht immer gleich schnell aufeinander folgen, sondern die Abstände variieren, ist für jede einzelne Person nachzuvollziehen bzw. selbst zu spüren.

Diese Variabilität in der Herzrate nennt man Herzratenvariabilität (HRV).

Eine hohe HRV steht im Zusammenhang mit Gesundheit, Selbstregulation, Anpassungsfähigkeit und Belastbarkeit (Shaffer & Ginsberg, 2017).

Eine reduzierte HRV wirkt sich negativ auf die Selbstregulation und psychische Anpassungsfähigkeit aus und steht im Zusammenhang mit sozialem Rückzug. Herz-Kreislauferkrankungen, Immunstörungen und Entzündungen könnten ihre Ursache in einer langfristig reduzierten HRV haben (Kemp & Quintana, 2013).

Für die Untersuchung von Synchronisationsprozessen bei Lebewesen, bietet sich die Echtzeit-Messung der HRV aufgrund der geringen Kosten und der Einfachheit in der Durchführung an.

Eine Untersuchung der HRV lässt sich auf der zeitlichen Ebene und/ oder im Frequenzbereich anstellen (Camm et al., 1996).

Frequenzbereich = periodischen Schwingungen der Herzfrequenz (Sztajzel, 2004)

 

Camm, A., Malik, M., Bigger, J., Breithardt, G., Cerutti, S., & Cohen, R. (1996). Heart Rate Variability: Standards of Measurement, Physiological Interpretation, and Clinical Use. Task Force of the European Society of Cardiology the North American Society of Pacing Electrophysiology. Circulation, 93(5), 1043–1065. https://doi.org/10.1161/01.CIR.93.5.1043

Kemp, A. H., & Quintana, D. S. (2013). The relationship between mental and physical health: Insights from the study of heart rate variability. International Journal of Psychophysiology: Official Journal of the International Organization of Psychophysiology, 89(3), 288–296. https://doi.org/10.1016/j.ijpsycho.2013.06.018

Shaffer, F., & Ginsberg, J. P. (2017). An Overview of Heart Rate Variability Metrics and Norms. Frontiers in Public Health, 5, 258. https://doi.org/10.3389/fpubh.2017.00258

Sztajzel, J. (2004). Heart rate variability: a noninvasive electrocardiographic method to measure the autonomic nervous system. Swiss Medical Weekly, 134, 514–522.