das gefühl von zuhause

Interview mit Maja Fee Eidenmüller

GREAT nimmt gerne Studierende der Psychologie als Praktikant:innen auf (3-6 Monatspraktikum).

Zudem kann GREAT eine Bundesfreiwilligendienst-Stelle besetzen, dies bitte für Personen, die aus Deutschland kommen, Erfahrung in der Begleitung von Kindern und Jugendlichen mitbringen ebenso wie gute bis sehr gute Pferdeerfahrung.

Bei Interesse bewerben Sie sich gerne mit Ihren Unterlagen bei uns!

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Maja Fee Eidenmüller ist genau diesen Weg gegangen und hat Ihre Initiativbewerbung bei GREAT eingereicht und …?

Maja: Das war meine zweite Bewerbung und die hat dann geklappt.

Die junge Frau aus Stuttgart hat erfolgreich Ihre Fachhochschulreife bestanden und absolviert nun Ihren Bundesfreiwilligen Dienst am Therapiehof Hegau. Heute hat sich die Zwanzigjährige während der täglichen Stallarbeit etwas Zeit für ein Interview freigehalten.

Fröhlich lächelnd sitzt Sie mir gegenüber in freudiger Erwartung auf die kommenden Fragen.

GREAT: Ist das Dein erster Job von Montag bis Freitag über mehrere Monate?

Maja: Ja genau.

GREAT: Und wie ist das für Dich?

Maja: Anstrengend (lacht). Ich bin ja die körperliche Arbeit nicht gewohnt und wenn ich mich dran erinnere, wie schwer es am Anfang für mich war zum Beispiel das Einstreu in die Schubkarre zu laden. Ich war so fix und fertig. Jetzt mach ich das richtig flink. Man gewöhnt sich daran.

Die körperliche Arbeit ist die, die sehr anstrengend für mich ist und die Energie raubt, die mich aber auch fit hält. Ich finde es gut sich so viel zu bewegen und an der frischen Luft zu sein.

GREAT: Wie kann man sich denn Deinen regelmäßigen Tagesablauf vorstellen?

Maja: Im Winter oder Herbst komme ich um neun Uhr von Konstanz aus zum Hof gefahren.

Als erstes werde ich von Emil, dem Kater begrüßt. Der schon ganz ungeduldig fragt, wo sein Essen bleibt. Das mache ich Ihm natürlich sofort, ziehe mich um und gehe direkt zu den Eseln, die mir entgegenrufen „Hallo Maja“ (lacht vergnügt). Das ist eine wirklich tolle Begrüßung morgens.

Die Ziegen führe ich danach in Ihr Gehege für tagsüber und versorge Ziegen und Esel mit Futter. Es kann sonst nämlich großes Gemecker geben und ziemlich laut werden, wenn man das vergisst.

Eine Pferde-Begrüßungsrunde muss dann natürlich auch sein. Während ich die Heusäcke einsammle, sag ich allen Pferden „Hallo“. Das dauert manchmal länger, manchmal geht es schneller, je nachdem wie die ‚Mood‘ bei allen ist.

Wenn dann kein Morgentau oder Frost mehr auf der Wiese ist und es nicht stark windet oder regnet, bringe ich die Pferde auf die Weide.  Sobald alle draußen sind, mache ich den Stall. Misten, fegen, Einstreu, Stroh nachlegen und Heusäcke neu füllen. Das braucht dann schon seine Zeit. Wenn alles sauber ist, kann ich die Pferde wieder einsammeln und in den Stall bringen.

Danach bleibt noch Zeit, um Pferde zu bewegen. Longieren, Freiarbeit, Reiten, Bodenarbeit, Spazieren gehen.

Manchmal sind am Tag noch Therapien wo ich zusehen oder sogar mithelfen darf. Da kann es dann auch 16 Uhr oder 17 Uhr werden, bevor ich mich dann auf den Heimweg mache. Alles in allem ist es schon sehr entspannt.

GREAT: Sehr entspannt? Das klingt nach anstrengenden und langen Arbeitstagen.

Maja: Joa, das eigentlich lange sind die Fahrten von und nach Konstanz. Aber da bin ich ja selber dran schuld. Ich bin trotzdem froh in Konstanz zu wohnen.

Maja: Ganz früh hab‘ ich auf einem Islandpferdehof Grundkenntnisse gelernt. Während der Schulzeit hab‘ ich ein landwirtschaftliches

Praktikum auf einem Pferdehof gemacht und dann war ich noch öfters mit Freunden in den Reiterferien. Das hat richtig Spaß gemacht! Später hatte ich eine Reitbeteiligung bei einem Haflinger.

GREAT: Vergleiche doch mal deine Reitbeteiligung beim Haflinger zur jetzigen Situation.

Maja: Boar, das ist ein doller Vergleich (lacht laut). Der Arthos, mein Pferd um den ich mich damals gekümmert habe – tolles Pferd -, der
hat mich echt gut vorbereitet. Ein wirklich klassischer Haflinger. Da muss man schon ordentlich durchgreifen, um nicht an der Nase herum
geführt zu werden.

Hätte ich die Erfahrung nicht gemacht, dann wäre ich nicht so gut auf mein BFD-Zeit vorbereitet gewesen und auch sehr überfordert.

Ich denke, dass Vorerfahrung schon wichtig ist, dass Du schonmal in Kontakt mit Pferden warst.

Hier ist ein Offenstall mit vielen Pferden und keinen Boxen, wo nur ein Pferd drinsteht. Im Offenstall tritt man so zu sagen direkt zur
Herde ohne wirklich Wände zwischen sich und den Pferden zu haben. Wenn Du dich da unsicher fühlst, spüren das auch die Pferde.

Man wächst da aber schnell rein. Am Anfang war ich auch nicht so, wie wenn ich heute in den Stall gehe. Ich kannte die Pferde und deren
Persönlichkeiten nicht. Es macht es also schon deutlich leichter mit Vorerfahrung.

Falls man mal etwas nicht weiß, ist das auch nicht schlimm. Hier sind alle so hilfsbereit, da wird dir sofort ausgeholfen oder nochmal
erklärt. Aber es ist für alle anderen die im Stall arbeiten natürlich gut zu wissen, „Da ist jemand mit Erfahrung“.

Du bist ja auch viel alleine. Morgens ist meist niemand da und Du bist ganz alleine mit den Pferden und den anderen Tieren. Angenommen
etwas ist, musst Du wissen was zu tun ist. Dir wird eine große Verantwortung übergeben.

Was macht den Unterschied zwischen einem regulären Arbeitstag und einem Arbeitstag während eines Studientags am Hof aus?

Maja: Man verhält sich wie ein Geist (lacht herzlich).

Die Struktur kommt etwas durcheinander, die Arbeitsaufgaben bleiben gleich.

Solange man sich leise verhält und außer Sicht der Proband:innen bleibt kann man sich frei bewegen. Man kann überall hin wo die Proband:innen gerade nicht sind. Dadurch zögert sich die Arbeit natürlich etwas hinaus.

Am Anfang habe ich mir dadurch selber Stress gemacht. Es ist aber eigentlich ganz entschleunigend alles etwas ruhiger anzugehen. Einfach schauen, dass man nicht stört, dass man leise ist und dass man sich nicht da aufhält wo sich die Proband:innen gerade hin bewegen.

Ich gehe wie gewohnt meinen Aufgaben nach, man muss nur umplanen.

 

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Foto: Maja Fee Eidenmüller

Am Therapiehof laufen zurzeit Studien zur Mensch-Tier Synchronisation

GREAT: Du konntest Dir aussuchen, in welchem Bereich Du deinen Bundesfreiwilligen Dienst leisten möchtest und Dir wurden auch keine
Grenzen gesetzt, was die Wahl des Ortes angeht. Warum wurde es tiergestützte Therapie und warum der Therapiehof Hegau?

Maja: Ich hatte, bevor ich hierhergekommen bin, schon eine Reitbeteiligung und der Mann, bei dem ich das Pferd mit betreut habe, war Reittherapeut.

Auch davor fand ich es schon immer interessant und wollte dann sehen, ob die Menschen-Pferde-Patienten Kombination das Richtige für mich ist. Also hab‘ ich mich in dem Bereich umgeguckt. Es gibt eine Plattform, die alle Höfe auflistet, die tiergestützte Therapie anbieten.

Über das „IPTh“ habe ich dann Annette gefunden und wollte daraufhin unbedingt zu Ihr, weil es mich beeindruckt hat, was Sie alles aufgebaut
hat. Es wurde dann ein Interesse an der Powerfrau Annette und an dem Hof und nicht allein das Interesse an tiergestützter Therapie.

GREAT: Es musste Pferdegestützte Therapie sein?

Maja: Nö. Mich interessieren auch Hunde und in die Esel habe ich mich aber auch sehr verliebt. Generell ist die Kombination Mensch Tier schon sehr wichtig für mich. In der Ergotherapie könnte man dann theoretisch auch mit Tieren arbeiten. Es müssten aber dann eher Tiere sein, die man mit in die Räumlichkeiten der Ergotherapie nehmen kann.

Wenn ich dann aber in Zukunft meinen eigenen Hof hab, können es auch wieder die eigenen Pferde sein. Die Träume sind groß.

GREAT: Was für Eindrücke konntest Du bisher von der tiergestützten Therapie sammeln?

Maja: Ich habe einen guten Eindruck von der Tiergestützten Therapie erhalten, so wie ich es mir erhofft habe. Vor allem auch durch die
Therapien, wo ich hautnah mit dabei sein konnte, finde ich hat man die Fortschritte der Klient:innen gemerkt. Das ist schon sehr motivierend.

Die Konstellation ist einfach anders. Man hat eine andere bzw. eine weitere Kontaktperson, die nicht unsere Sprache spricht und auf die man
Rücksicht nehmen muss und schauen musste, wie sie reagiert, wenn man sich so oder so verhält. Menschen können zwar sprechen, aber es gibt auch andere Arten zu kommunizieren und wahrzunehmen. Das Tier kann eine große Hilfe in der Therapie sein.

Ich möchte auf jeden Fall dabeibleiben, das ist das Ziel von mir. Ich weiß nicht welche Richtung ich genau gehen möchte, ob mit Erwachsenen oder Kinder, da bin ich noch offen.

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Foto: GREAT gUG

Ist das Setting hier am Hof förderlich oder hinderlich für Therapien?

Maja: Mir geht es immer so wenn ich in einen sterilen Raum gehe oder in eine Klinik, dass ich angespannt bin, nicht locker, sondern eher vorsichtig und darauf bedacht nichts falsch zu machen.

Hier ist es so toll, weil man Ruhe hat. Man hat hier seine Räume, eine Therapievorbereitungsbox, ein Putz-Box und einen Reitplatz wo man fast nichts mitbekommt, weil der Platz direkt ins ‚Grüne‘ übergeht.

Die Ruhe und Rücksicht hier sind schon besonders.

Außerdem ist alles so liebevoll eingerichtet. Ich denke das kann einem das Gefühl von zuhause geben zumindest ist das bei mir der Fall. Du kannst runterkommen, einfach machen, frei und ruhig für dich sein.

 

Was ist dein Fazit aus der Zeit? Wird dir etwas besonders fehlen?

Maja: Alle Tiere natürlich, aber in letzter Zeit ist mir die Jill sehr ans Herz gewachsen und wird mir fehlen. Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, ich musste schon Ihr Herz erobern, aber das hat sich gelohnt. Jetzt fängt es gerade richtig an Spaß zu machen, weil wir richtig lernen voneinander und miteinander. Vor allem das Ausreiten und üben. Sie nimmt schon alles sehr genau wahr. Sie ist einfach toll.

Im Großen und Ganzem war es voll die Bereicherung für mich, in dem Sinne, dass — Bevor ich hierhergekommen bin, war ich sehr raschelig, sehr aufgeweckt, hab viel geredet und mich vor allem viel bewegt.

Auf dem Hof beweg ich mich auch sehr viel, aber dennoch bin ich sehr ruhig auch innerlich geworden. Früher hab‘ ich es nicht so gut ausgehalten mit mir alleine zu sein und hier wird man ja mehr oder weniger dazu gezwungen die Zeit mit sich und den Tieren zu genießen.

Anfangs‘ habe ich noch gedacht: „Ich kann doch jetzt nicht Nichts machen?“. Ich bin es halt gewohnt immer was zu tun, immer Lärm um mich zu haben – Großstadt -, immer ist irgendwas los.

So hatte ich am Anfang immer noch Kopfhörer auf und musste irgendetwas anhören. Mittlerweile kann ich es gut genießen und es bringt mich runter einfach nur im hier und jetzt zu sein, hier zu arbeiteten mit den Pferden, Eseln, Ziegen und Kater zu reden und zu kuscheln.

Ich glaube ich wurde hier auch richtig therapiert, ohne es zu wissen. Einfach richtig runtergebracht und im Moment angekommen.

 

Und was steht für Dich nach dem Bundesfreiwilligen Dienst an?

Maja: Danach steht eine Ausbildung an. In Köln, zur Ergotherapeutin.

Wenn ich mir vorstelle die Vollzeitausbildung zur Ergotherapeutin in acht Stunden Unterricht pro Tag abzusitzen, -puh. Ich weiß nicht ob ich das noch hinbekomme (lacht) Ohne frische Luft gehe ich da sicher ein.

Aber das wird die Base für mein Leben. Darauf will ich dann aufbauen.

GREAT: Was willst Du den darauf aufbauen?

Maja: Na, ich will hier enden irgendwann.

 

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Foto: Maja Fee Eidenmüller