Diese Studie untersucht die Verbindung zwischen Misshandlung in der Kindheit, Cortisol und HR-Reaktionen auf psychosozialen Stress im frühen Erwachsenenalter. Es wird angenommen, dass die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA) und das sympathische Nervensystem (SNS) eine zentrale Rolle bei der Verbindung zwischen frühkindlicher Belastung und Gesundheit spielen (Doom & Gunnar, 2013; Lupien et al., 2009).
Ein Ziel ist die Untersuchung, ob junge Erwachsene, die Misshandlungen in der Kindheit ausgesetzt waren, ein gestörtes Muster von Stressreaktionen aufweisen, wobei Cortisol und Herzfrequenz (HR) als Marker für die Reaktion der HPA-Achse und des SNS auf Stress verwendet werden.
155 männliche Teilnehmer im Alter von 18 bis 35 Jahren (M = 24,10, SD = 3,70).
Die Herzfrequenz wurde mit einem automatischen Blutdruckmessgerät Omron 7 Series Plus BP765 gemessen.
Die Teilnehmer führten vor den Labortests von 3 Stunden und 30 Minuten ein Telefoninterview zu ihrem Gesundheitszustand und zu Erfahrungen mit Misshandlungen in der Kindheit durch, wobei die Kurzform des CTQ verwendet wurde. Während dieser Zeit nahmen die Teilnehmer am frühen Nachmittag am TSST teil. Cortisol wurde durch die Entnahme von fünf Speichelproben mittels passivem Speichelfluss gemessen. Die ersten beiden Proben wurden 2 und 20 Minuten vor dem TSST entnommen. Die dritte, vierte und fünfte Probe wurden 15, 25 und 35 Minuten nach Beginn des TSST entnommen.
Der Childhood Trauma Questionnaire (CTQ, Wingenfeld et al., 2010) wurde zur Erfassung von Missbrauch in Kindheit und Jugend eingesetzt. Der CTQ besteht aus 28 Items, die auf einer 5-stufigen Likert-Skala von 1 („überhaupt nicht“/„niemals zutreffend“) bis 5 („sehr häufig“/„sehr häufig zutreffend“) bewertet werden. Jede der fünf Subskalen, emotionaler Missbrauch, körperlicher Missbrauch, sexueller Missbrauch, emotionale Vernachlässigung und körperliche Vernachlässigung, besteht aus fünf Items. Die zusätzliche Skala zur Trivialisierung besteht aus 3 Items.*
Die Teilnehmer, die basierend auf dem CTQ eine frühkindliche Belastungserfahrung aufweisen, zeigten höhere Cortisol-Reaktionen auf den TSST (Zeit x CTQ-basierte Misshandlung: F (2,08, 313,27) = 2,89, p = 0,05), und eine Tendenz zu signifikant höheren Cortisol-Werten während des gesamten TSST (CTQ-basierte Misshandlung: F (1, 151) = 3,69, p = 0,06), im Vergleich zur Kontrollgruppe, die basiert auf den CTQ keine frühkindliche Belastungserfahrung erlebt haben.
Teilnehmer, die mehr Misshandlungserfahrungen berichteten, zeigten höhere Cortisolreaktionen als diejenigen, die einige Erfahrungen berichteten (F(2,00, 186,16)=5,18, p=.006), unterschieden sich aber nicht signifikant von den Teilnehmern mit keinen oder wenigen Erfahrungen (F(2,10, 217,95)=1,45, p=.24).
Darüber hinaus zeigten Teilnehmer, die einige Misshandlungserfahrungen berichteten, geringere Reaktionen als die Kontrollgruppe, F(1, 101)=3,89, p=.05.
Eine geringere Cortisolreaktion wurde bei Teilnehmern festgestellt, die nur einige Erfahrungen mit Misshandlungen berichteten. Der Zusammenhang zwischen Misshandlung und Cortisolreaktivität ist möglicherweise nicht linear.
Die Verschiebung der TSST-Reaktionsniveaus bei zunehmender Schwere der Misshandlung kann besser als unterschiedliche Ausdrücke der HPA-Achse verstanden werden, die versuchen, sich an unterschiedliche Misshandlungserfahrungen anzupassen.
Die Möglichkeit, dass unterschiedliche Zusammenhänge als Funktion von Misshandlungssubtypen (z. B. emotionaler Missbrauch und Vernachlässigung) entstanden sein könnten, wurde nicht untersucht.
Ouellet-Morin, I., Robitaille, M. P., Langevin, S., Cantave, C., Brendgen, M., Lupien, S. J. (2019). Enduring effect of childhood maltreatment on cortisol and heart rate responses to stress: The moderating role of severity of experiences. Development and Psychopathology, 31(2), 497-508. doi: 10.1017/S0954579418000123.
*https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Ft02080-000