domestic horses send signals to humans when they face with an unsolvable task

Ringhofer, Monamie & Shinya Yamamoto (2017)

Das tägliche Befüllen der Heusäcke kann für die ein oder andere schnell zur psychischen Belastung werden, wenn das liebgewonnene Ross während der gesamten Befüll-Prozedur stur die Stangen der Stalltür mit den Hufen malträtiert und so das Gefühl erzeugt, dass es doch schon beinahe verhungert sei und das liebe Menschlein doch nur ein wenig Heu rüber schmeißen müsse, um es aus den Qualen zu befreien.

Ist dieses Verhalten Absicht? Würde sich das Pferd in einer unbekannten Situation ebenso verhalten? Und wie würde sich das Pferd verhalten, wenn der Mensch nicht wüsste, wo sich das Futter befinden würde?

Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Kommunikation zwischen Mensch und Pferd bzw. mit den zu erkennenden Signalen die das Pferd an den Mensch gibt und welche als „Kommunikation“ gedeutet werden können. Speziell in Situationen wo das Pferd auf die Hilfe des Menschen angewiesen ist.

Des Weiteren ist es ein Anliegen der Studie zu untersuchen, wie Pferde auf den Wissensstatus des Menschen reagieren. Zeigt sich eine Änderung in der “Kommunikation” oder besteht für Pferde kein Unterschied darin, ob der Mensch über einen Umstand Bescheid weiß oder nicht.

Wie lief die Studie ab?

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Fig. 1. Overhead view of the paddock used in the experiments

Die Forschenden haben die Studie in zwei Experimente aufgeteilt. Innerhalb der zwei Experimente wurde jedes erneut in drei Bedingungen unterteilt. Eine Experimental-Bedingung und zwei Kontroll-Bedingungen.

Versuchspersonen/ -pferde

Die Studie wurde am Reitclub der Kobe Universität in Japan durchgeführt. Es wurden acht Vollblüter ausgewählt, die von jeweils einem der partizipierenden Studierenden auch normalerweise gefüttert, trainiert und gesundheitlich versorgt wurden. Jedes der ausgewählten Pferde interagierte in der Studie nur mit diesem/r bekannten „Caretaker“.

Für die Studie mussten die Pferde nicht nüchtern sein.

Experiment 1

Das erste Experiment wurde so konzipiert, dass die Caretaker von der Veränderung der unabhängigen Variablen keine Kenntnis haben. Demnach keinen Zeugen sind.

Ob und wie Pferde Signale an die Menschen schicken, die sonst hilfsbereit aber in der Situation unwissend sind, soll in diesem ersten Teil beobachtet werden.

 

 

Caretaker + Essen – Experimental-Bedingung

  • Phase 1 (1 min)

Der/die Caretaker verlässt den für das Pferd uneinsichtigen Bereich (hut) und bewegt sich zu einem direkt am Paddock befindlichen vorbestimmten Punkt 6,3 Meter von der Futter-Box entfernt. Hier bleibt der/die Caretaker stehen und unterbindet jegliche Art von Interaktion mit dem Pferd. Nach einer Minute bewegt sich der/die Cartaker zurück in den vom Pferd uneinsichtigen Bereich.

  • Phase 2 (30 s)

Mit einer Karotte in der Hand nähert sich ein/e Assistent*in aus dem Forschungsteam, zeigt dem Pferd die Karotte und lässt es daran riechen. Danach wird die Karotte in eine Futter-Box gelegt und diese verschlossen. Danach verschwindet der/ die Assistent*in wieder in dem vom Pferd uneinsichtigen Bereich.

  • Phase 3 (1 min)

Der/die Caretaker erscheint erneut am Paddock. Er steht still und liest ein Buch und ignoriert das Pferd. Nach einer Minute holt der/die Caretaker die Karotte aus der Futter-Box und gibt diesem dem Pferd.

 

 

Nur Caretaker – Bedingung (Kontroll-Bedingung 1)

Bedingung identisch zur Caretaker + Essen Bedingung mit Änderungen in Phase 2.

  • Phase 2 (30 s)

Der/ die Assistent*in des Forschungsteams nährt sich dem Paddock und beginnt behutsam das Pferd zu streicheln. Nach 30 Sekunden verschwindet der/ die Assistent*in wieder im für den Pferd uneinsichtigen Bereich.

 

 

Nur Essen (Kontroll-Bedingung 2)

Bedingung identisch zur Caretaker + Essen Bedingung mit Änderungen in Phase 3.

  • Phase 3 (1 min)

Das Pferd steht allein auf dem Paddock. Erst nach einer Minute nähern sich Caretaker und Assistent*in und füttern das Pferd mit der Karotte.

Experiment 2

Das zweite Experiment besteht nur aus dem Ablauf der Experimental Bedingung, welche bereits aus Experiment 1 bekannt ist. Allerdings wird hier die zweite Phase manipuliert, sodass zwei Bedingungen entstehen. In der ersten Bedingung ist der Ablauf mit dem aus Experiment 1 identisch und der/ die Caretaker wird nicht Zeuge/ Zeugin davon wo das Futter versteckt wird („no-witness“ Bedingung).

In der zweiten Bedingung (s.u.) wird der/ die Caretaker in der zweiten Phase Zeuge/ Zeugin davon, wo das Futter versteckt wird („witness“-Bedingung).

Ob Signale vom Pferd an den/die wissende/n Caretaker gesendet werden und ob diese Signale im Gegensatz zum ersten Experiment 1 variieren, soll hier beobachtet werden.

  • Phase 1 (1 min)

Der/die Caretaker bewegt sich aus dem für das Pferd uneinsichtigen Bereich zum Paddock, bleibt dort stehen und liest ein Buch. Er/ Sie beachtet das Pferd nicht und entfernt sich nach einer Minute wieder.

  • Phase 2 (30 s)

Assistent*in und Caretaker nähern sich dem Paddock. Der/ die Assistent*in zeigt dem Pferd die Karotte und lässt es daran riechen. Danach wird die Karotte in die Futter-Box gelegt und diese wird verschlossen. Der/die Caretaker steht immer neben dem/ der Assistent*in. Gemeinsam verlassen die beiden den Paddock und begeben sich in den vom Pferd uneinsichtigen Bereich.

  • Phase 3 (1 min)

Der/die Caretaker nähert sich erneut dem Paddock, bleibt für eine Minute still neben diesem stehen, ignoriert das Pferd und liest ein Buch. Nach genau einer Minute entnimmt der/die Caretaker die Karotte und gibt diese dem Pferd.

Veränderungen in der Dauer bestimmter Verhaltensweisen der Pferde während den Phasen 1 und 3, wurden genutzt, um durch vergleichende Berechnungen innerhalb und zwischen den Experimenten Ergebnisse zu präsentieren.

Durch drei Kameras konnte jedes Verhalten der Pferde, während der in Phasen unterteilten Experimente aufgenommen werden. Auf Grundlage diverser Studien, welche sich ebenfalls mit der Analyse tierischen Verhaltens befasst haben, wurden folgende Verhaltensweisen codiert:

·       „Investigate“ = das Pferd steht und untersucht den Boden oder die Stangen des Paddocks

·       „Touch the caretaker“ = physische Kontaktaufnahme mit dem Caretaker

·       “Looking” = Nüstern sind zu mindestens 45 Grad dem/r Caretaker oder der Futter-Box zugewandt und die Ohren nach vorne gerichtet (für mehr als eine Sekunde).

Weitere Codierungen siehe original Studie (https://doi.org/10.1007/s10071-016-1056-4)

Mit Hilfe von ANOVAs (analysis of variance) wurden aus den Veränderungen der Verhaltensdauern in Phasen 1 und 3, innerhalb eines Experiments und zwischen den Experimenten, Ergebnisse errechnet.

Welche ergebnisse konnte Die DatenAnalyse aufzeigen?

In den unten aufgeführten Grafiken werden einzelne Verhaltensweisen (investigate, touch, look) aufgezeigt, wie auch verschiedenen Positionen angegeben (near food bucket etc.). Für die Phasen 1 und 3 des ersten Experiments soll hier gezeigt werden, wie sich die Verhaltensdauern der Pferde unterscheiden.

Deutliche Ergebnisse konnten in der dritten Phase der “Caretaker + Futter” Bedingung festgestellt werden. Die Pferde hielten sich signifikant länger in der Nähe des Caretakers auf (z = 11.989, P\0.001) und auch die Verhaltensweisen “look” (z = 9.275, P\0.001), sowie „touch the caretaker“ (z = 5.151, P\0.001) konnte als signifikant erhöht beschrieben werden.

Die Kontrollbedingungen zeigten keine signifikanten Veränderungen der Verhaltensweisen.

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Fig. 2 Mean duration + SE of horses’ behaviours observed in Phases 1 and 3 in the Caretaker + Food condition, the Caretaker only condition, and the Food only condition of Experiment 1. The differences among phases and conditions were analysed using the generalized mixed linear model (GLMM; family = binomial, link = logit) followed by Tukey’s all pair comparison method. As the horses did not demonstrate pawing and only one individual demonstrated vocalization for one min during the experiment, we excluded these behaviours from the analyses. Significant difference between phases is indicated as ***P\0.001, **P\0.01, *P\0.05. N/A indicates the condition we did not have the data to compare with other conditions in analysing the targeted behaviour
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Fig. 3 Mean duration + SE of horses’ behaviours in Phases 1 and 3 observed in the two conditions of Experiment 2. Not witness: the caretaker did not see the food being hidden. Witness: the caretaker saw the food being hidden. The differences among phases and conditions were analysed using the generalized linear mixed model (GLMM; family = binomial, link = logit) followed by Tukey’s all pair comparison method. Significant differences between phases are indicated as ***P\0.001, **P\0.01, *P\0.05. N/A indicates the condition we did not have the data to compare with other conditions in analysing the targeted behaviour

Die oben angeführten Grafiken beziehen sich auf die Phasen 1 und 3 der Bedingungen „witness“ und „not-witness“, im zweiten Experiment. Es werden die Zeitspannen für die Verhaltensweisen „touch the caretaker“ und „look“ gezeigt.

Im Vergleich konnte festgestellt werden, dass sich die „touch the caretaker“ Verhaltensdauer von Phase 3 zu Phase 1 in der „not-witness“ (nicht-Zeuge) Bedingung signifikant unterscheidet (z = 3.421, P = 0.003), allerdings konnte dies nicht für die „witness“ (Zeuge) Bedingung festgestellt werden, da der p-Wert nicht unter 0.05 lag (z = 2.127, P = 0.127).

Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich in der „look“ Verhaltensdauer. Hier zeigt sich eine signifikante Veränderung von Phase 1 zu Phase 3 in der „not-witness“ Bedingung (z = 9.722, P<0.001) und in der „witness“ Bedingung (z = 3.300, P = 0.005), wobei die Veränderung in der „not-witness“ Bedingung deutlich stärker ausgeprägt ist.

konnte die Forschungsfrage beantwortet werden?

Wie reagieren Pferde auf den Wissensstatus von Menschen?

Diese Studie konnte zeigen, dass es Verhaltensunterschiede gibt, je nachdem ob der Mensch wissend oder unwissend ist. Die Pferde, welche in der Studie eingesetzt wurden, zeigten im Durchschnitt eine signifikante Veränderung Ihres Verhaltens („look“/ „touch the caretaker“), wenn die bekannten Personen sich im Unwissen über den Lagerplatz des Futters befanden.

Auch wenn ein signifikanter Unterschied in der Veränderung der „look“ Verhaltensweise in jener Bedingung festzustellen war, in der die bekannten Personen Zeuge/ Zeugin des Futterverstecks wurden, bleibt festzuhalten, dass sich eine stärkere Verhaltensänderung dann zeigte, wenn der Mensch unwissend war.

Diese Ergebnisse könnten also dafürsprechen, dass Pferde erkennen und erinnern können, was Menschen gesehen und auch nicht gesehen haben und darauf Ihre Verhaltensweisen anpassen.

Die Autoren dieser Studie stellen zu Recht klar, dass weitere Studien in diesem Bereich notwendig sind und das vor allem ein Vergleich zu wild lebenden Pferden notwendig ist, um eine allgemeingültige Aussage treffen zu können.

Ringhofer, M., Yamamoto, S. (2017). Domestic horses send signals to humans when they face with an unsolvable task. Animal Cognition, 20(3), 397–405. https://doi.org/10.1007/s10071-016-1056-4